Sie waren sich zu sicher. Erfahrene Vulkanenthusiasten wie Katja und Maurice Krafft es waren, die im Schutzanzug schon im Lavaregen standen, bis auf dreihundert Meter über einen tosenden Feuersee sich in Kratern abseilten , waren sich auch diesmal sicher, die richtige Stelle innerhalb der Sperrzone gewählt zu haben, als der Unzen aktiv wurde. Mit ihnen etliche Journalisten und Harry Glicken, ein Spitzengeologe vom US Geological Survey, der 1980 als der Mt. St. Helens in Washington State explodierte, nur Stunden zuvor von seinem bei diesem Ausbruch ums Leben kommenden Kollegen David Johnston von einem rund zehn Kilometer vom Berg entfernten Beobachtungsposten abgelöst wurde.
3.Juni 1991, der Gipfel des Unzen bricht auseinander, viskoses Magma tritt an einer Seite aus. Diese sehr zähe Gesteinsschmelze erzeugt einen pyroklastischen Strom, eine Glutlawine rast den Berg mit gut zweihundert km/h hinunter. Niemand überlebt in der Sperrzone.
Von allen Vulkanen, die ich bisher gesehen habe, war der Unzen heute aufgrund dieser Tragik der Besonderste. Viele Bücher, Fotos und Videos der Kraffts, wichtige Artikel von Glicken bevölkern meine Bibliothek. Sie mögen ein wenig wahnsinnig gewesen sein, aber ich denke oft an ihre letzten Momente.Bereits im Ort Unzen ist überall zu sehen, unter den Füssen der Bewohner brodelt es.
Aber der Weg zum Berg ist noch ein weiter. Durch wunderschöne Herbstwälder schraubt sich der Pfad hinauf und hinab.
Und dann öffnet sich ein erster Blick.
Vorbei an geweihten Stätten ( auch Unzen ist seit dem achten Jahrhundert, seit seiner Entdeckung ein heiliger Berg)
Manchmal wird es recht steil und ich zweifle, ob ich überhaupt am richtigen Weg bin.
Aber dann treffe ich zwei ebenfalls wagemutige Einheimische, die bereits wieder absteigen ( wie früh müssen die losgegangen sein ?) und mit viel Gestikulieren weisen sie mir die Richtung weiter.
Nach Verbrauch so ziemlich aller vorhandenen Körpersäfte der Höhepunkt meiner Reise, im wahrsten Sinn des Wortes.
Es mag lächerlich klingen, aber als ich da oben im tiefen Gras gesessen bin, sind mir die Tränen runtergelaufen ( war kein schlechtes Zeichen, doch noch irgendwo Reserven von Flüssigkeiten in meinem Körper).
Tief unten im Tal waren die Spuren des Ausbruchs vor nunmehr sechzehn Jahren noch immer deutlich zu sehen.
Für eine kurze Zeit habe ich auch jede Vorsicht vergessen und wollte am Fuß des Lavadomes, der ständig wieder bis zur nächsten Explosion anwächst - feine Rauchschwaden wabbern um die Spitze und immer wieder rollen Steinchen -, stehen.
Beim Abstieg hab ich dann am Bergschrein nach japanischer Sitte Flüssigkeit, in diesem Fall meine letzte Mandarine, für Katja, Maurice und Harry da gelassen.
Zu trinken brauch ich heute Abend auch viel, um meine Reservoirs wieder aufzufüllen. Da ich auf der langen Busreise zurück genug Zeit hatte, alle gewaltigen Eindrücke des Tages aufzuarbeiten, werde ich zur Entspannung jetzt mich wohltuender Trivialität hingeben.
PS: Die Antwort zu meiner dritten Rätselfrage "Frankreich" ist richtig, lieber Reinhard, ein Bier im Malaga als Trostpreis ist dir sicher. Und nachdem es ja nicht weit von deinem Arbeitsplatz dorthin hast, Eduart, solltest du auch dabei sein.
3 Kommentare:
Klingt nach einem ereignisreichen und dichten Tag. Da Du ja den alten Schmetterhand als Grüßaugust beschäftigst, fällt mir etwas ein: Als die bösen Buben des Schut Kara-ben-Nemsis Freund Lord Castlepool gefangennehmen, sagt dieser zu seinem Diener: "Ein Abenteuer, Archie! Wunderbar, ein Abenteuer!"
Jetzt darfst Du rasten, abkühlen und Dich stärken.
Bis morgen, Michael
1. Ich mach bei keinen fremden Rätseln mit, schon gar nicht, wenn es nix zu gewinnen gibt.
2. Die Einheimischen sind sicher nicht wesentlich früher losgegangen - vermutlich aber etwas schneller.
3. Tu bitte noch ein paar Mandelaugen fotografieren, die machen wirklich Freude.
4. Vermeide sinnloses Geschwätz, so wie ich... und
5. Wenn´s D´ keine Mandelaugen mehr findest, nimm halt Hühner- oder Nudelaugen...
6. Komm gut wieder!!!
LG, rotznase
es ist gut, daß du deine Körpersäfte so verloren hast, denn auf einem heiligen Berg darf man eh nicht pinkeln meint dein eduart
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