Freitag, 5. Oktober 2007

Wenn Koreaner schreien



Yeah Gemeinde, das war eine Eröffnung des PIFFs, dass es eine heilige Freude war.
Zwar habe ich rund eine Stunde mit der U-Bahn zu fahren, um zum Festivalszentrum zu gelangen, das nahe dem Haeundae-Beach im Westteil von Busan liegt, der schicken Gegend hier.Also krasser Gegensatz zu meinem Domizil. Trotzdem mag mich andererseits das Glück, zwei von insgesamt sechs Festivalkinos liegen bei mir direkt vor der Haustür bzw die ganzen Handprintingsessions ( unter anderem mit Volker Schloendorff, Peter Greenaway und Claude Lelouche ) finden am Platz davor statt, ich hab so es nicht wirklich weit. Und bei den Midnightmovies ist das erst recht besonders angenehm.

Ja wie gesagt, Haeundae ist Nobelgrund, das Pressezentrum ist in einem Edelkonsumtempel im fünften Stock eingerichtet, perfekt ausgestattet, in der Etage darüber ist die Megabox, ein schillerndes und farbenfrohes Multikomplexkino. Hier sind die Pressevorfuehrungen und -konferenzen angesiedelt und mit Geena Woo gibt es eine Foreign Press Lady, die mehr als hilfsbereit ist.

Entlang des Strandes wurde temporär das PIFF-Village erbaut, überall sind Anlaufbasen und Lounges eingerichtet, die meisten mit Presseausweis zugänglich und damit perfekt für das Contacting. So bin ich gestern zwischen Opening Movie und Abendparty mit Diego Brodersen abgehangen, das ist der stellvertretende Leiter der argentinischen Cinemathek in Buenos Aires und wir hatten viel Spaß bei den Filmanalysen.

Als Eröffnungsfilm wurde - und ich glaube, das ist ein klares Zeichen, auch im Hinblick auf die derzeitigen im hiesigen TV umjubelten Gespräche zwischen Nord- und Südkorea - "Assembly" von Feng Xiogang aus China gezeigt. Das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen. Der Film erzählt von der Suche eines Soldaten nach seinen gefallenen Kameraden während der inner chinesischen Auseinandersetzungen zwischen Maos Roter Armee und den Kuomintang 1948 und die Zeit danach, unter anderem gibt es eine längere Sequenz aus dem koreanischen Bürgerkrieg, in der die Chinesen als Unterstützer der Nordkoreaner einen amerikanischen Nachschub zerstören. Als Sahnehäubchen darauf wurden alle Special Effects dieses technisch wirklich perfekten Kriegsfilms von Südkoreanern gemacht.

Gut, wir sind schon wieder beim Krieg gelandet, aber das geht hier glaube ich nicht anders. Heute in der Früh haben sich aus nichtigem Anlass zwei gut Siebzigjährige in der U-Bahn geprügelt......


Der Eröffnungsfilm hatte auch eine entsprechend nette Location, das Outdoor-Theater des hiesigen Yachtklubs.


Da war es einmal an der Zeit zu schauen, wie sich so Maschinengewehrklicker fühlen, die am roten Teppich wie Berserker um die besten Bilder kämpfen.
Als Fotograf musste man rund eine Stunde vor dem Publikumseinlass da sein, ich hatte eine übliche kurze Verirrung und so wurde mein Eintreffen ein wirkliches Fotofinish.
Ich kam zwar spät, sah mich um, stellte scharf und kriegte irgendwie einen Platz in Reihe eins.
Als dann die Massen hereinströmten, lag Spannung in der Luft, das Defilee der Stars, da sitzt kein Koreaner ruhig. Es kamen massenweise die einheimischen Schauspielgrösse ( allesamt mir völlig unbekannt), immer einzeln in die Arena eingelassen. Zuerst Posen an der Wand, dann Schreiten am roten Samtmeer, Spots aufs Gesicht. Das Volk bebte nicht nur das Volk dröhnte mir die Ohren mehr zu als ein ACDC-Konzert neben den Boxen. Es ist einfach unglaublich, wie schrill und laut diese Fernoestler ihren Lungeninhalt ins Freie stoßen können.

no idea who nr 1:
no idea who nr 2:
no idea who nr 3:
und dann kam der Regen und alles verwandelte sich in ein Meer von Plastik



und von transparenten Zwergen....



doch der Himmel kam wieder in Kontrolle als der Maestro persönlich kam. Ennio, ja der mit dem Lied vom Tod, war Stargast des Abends. Und als später das Orchester noch Gabriels Oboe aus "The Mission" erklingen ließ, war auch für den Streuner die Welt eine Sphäre


und alles ward wieder erleuchtet.



Am Abend war dann Gala im Privaten, die Eröffnungsparty, by invitation only. Ich ging hin, quatschte alle auf deutsch an am Eingang, so lange bis ein Wächter aus schierer Verzweiflung eine Verantwortliche holte, die nach weiteren deutschen Sätzen von mir, "is good, is good", meinte und mich durchs Tor in den Garten Eden im Paradies Hotel ließ. Dann verneigten sich alle bis ich draußen im Freien unter den Wichtigen war.



Das Buffet war enorm, die Gäste schrill und die Weine verleiteten mich, zu lange zu bleiben.
So blieb mir nur mehr die Möglichkeit, mit einem Taxi wieder nach Hause zu kommen. Aber quer durch die Stadt um umgerechnet acht Euro ist ja durchaus christlich.

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